Wohnzimmer statt Hotelzimmer

Wohnungsleerstand und Spekulation stoppen. Sofort!

Kundgebung von St. Pauli Code JETZT!, St. Pauli SELBER MACHEN und Mieter helfen Mietern (Hamburger Mieterverein e.V.) vor dem leer stehenden Haus in der Detlev-Bremer-Str. 25/27 am Dienstag, den 7. Dezember 2021.

Bei dem zentral in St. Pauli gelegenen und seit knapp 6 Jahren komplett leerstehenden Haus in der Detlev-Bremer-Straße 25/27 handelt es sich um ein Nachkriegsgebäude mit ca. 30 zumeist kleineren Wohnungen und einer Gewerbezeile im Erdgeschoss. In dieser Gewerbezeile befand sich bis zum Jahresanfang 2016 auch das Restaurant Maharaja. Dieses musste an den neuen Standort am Neuen Pferdemarkt umziehen, da der Mietvertrag nicht verlängert wurde. Nachdem schon zuvor ein Großteil der Wohnungen im Objekt viele Jahre immer wieder leer standen, ist das Haus seit Anfang 2016 dann systematisch und schnell komplett entmietet worden.

Alle ca. 30 Wohnungen stehen nun seit vielen Jahren leer. Und dass, obwohl gemäß § 9 Abs. 2 des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes bei einem Leerstehenlassen von Wohnraum über einen Zeitraum von länger als vier Monaten eine Zweckentfremdung von Wohnraum vorliegt. Der Leerstand ist den zuständigen Behörden in Hamburg-Mitte lange bekannt, Gründe für eine ausnahmsweise Genehmigung sind nicht erkennbar.

Das Objekt Detlev-Bremer-Straße 25/27 liegt außerdem auch seit Februar 2012 in dem Gebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung (SozErhVO) St. Pauli. Ziel der Sozialen Erhaltungsverordnung ist es, dass Veränderungen im Wohnungsangebot begrenzt werden, um die strukturelle Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten und vor Verdrängung zu schützen. Im Geltungsbereich der Verordnung bedürfen Abbrüche, bauliche Änderungen und Nutzungsänderungen der Genehmigung.

Ruth Christiansen (St. Pauli SELBER MACHEN): „Das Haus ist typisch für eine traditionelle Bevölkerung in St. Pauli, da es sich um kleine, auch für GeringverdienerInnen bezahlbare Wohnungen handelt, in denen prekär Beschäftigte oder ältere StadtteilbewohnerInnen leben konnten. Also genau die Bevölkerung, die durch die SozErhVO geschützt werden soll. Im Zuge der Mietenexplosion und Gentrifizierung werden gerade diese Menschen aber seit Jahren aus dem hippen St. Pauli vertrieben.“

Das Grundstück Detlev-Bremer-Straße 25/27 gehört denselben Eigentümern wie das nebenan befindliche East Hotel Hamburg, nämlich der Klimik GmbH in der Simon-von- Utrecht-Straße 33 in 20359 Hamburg. Nach Gerüchten aus dem Stadtteil möchte das East Hotel Hamburg schon seit über 10 Jahren eine Hotelerweiterung des  Bestandsgebäudes in die Detlev-Bremer-Straße auf dem Grundstück der aktuell leerstehenden Häuser bauen. Anderen Gerüchten zufolge soll dort ein Boardinghouse entstehen, also eine Zimmer- oder Appartementvermietung mit hotelähnlichen Leistungen auf längere Zeit.

Dazu stellt Elke Jarm (St. Pauli Code JETZT!) fest: „Was immer die Klimik GmbH hier bauen möchte, die Menschen aus St. Pauli brauchen nicht noch mehr Hotels oder teure Eigentumswohnungen. Sie brauchen preiswerten Wohnraum hier in ihrem sozialen Umfeld.“

Fest steht jedenfalls, dass hier ein Abbruch des bestehenden Wohnhauses mit anschließendem Neubau und ganz anderweitiger Nutzung geplant ist. Dafür wird ganz ungeniert entmietet und jahrelanger massiver Wohnungsleerstand in Kauf genommen, nur um das Gebäude nach entsprechender Genehmigung schnell abreißen zu können.

Rechtsanwalt Marc Meyer (Mieter helfen Mietern) empört sich: „Was nutzen Wohnraumschutzgesetze und soziale Erhaltungsverordnungen, wenn letztlich die Behörden bei gezielter Entmietung von Wohnhäusern und anschließend jahrelangem Leerstand nur zusehen, um dann irgendwann dem Eigentümer die lukrative Verwertung des Grundstücks für ein höherpreisiges Klientel zu erlauben. Wohnraum- und Milieuschutz geht anders!“

Wir fordern:

  • die sofortige Anwendung der Gesetze zum Schutz der BewohnerInnen St. Paulis!
  • den Erhalt, die Sanierung und die Wiedervermietung dieser Häuser!
  • die sofortige Vermietung – notfalls auch als Zwischenmiete – an unterversorgte oder wohnungslose Menschen in St. Pauli!